蛭川研究室

蛭川立の研究と明治大学での講義・ゼミの関連情報

【資料】Albert Hofmann『LSD: Mein Sorgenkind』

アルベルト・ホフマンの『LSD』の前書きの部分がKindleで試し読みできたので、その部分をテキスト化した。


VORWORT

Es gibt Erlebnisse, über die zu sprechen die meisten Menschen sich scheuen, weil sie nicht in die Alltagswirklichkeit passen und sich einer verstandesmäßigen Erklärung entziehen.

Damit sind nicht besondere Ereignisse in der Außenwelt gemeint, sondern Vorgänge in unserem Inneren, die meistens als bloße Einbildung abgewertet und aus der Erinnerung verdrängt werden. Das vertraute Bild der Umgebung erfährt plötzlich eine merkwürdige, beglückende oder erschreckende Verwandlung, erscheint in einem anderen Licht, bekommt eine besondere Bedeutung. Ein solches Erlebnis kann uns nur wie ein Hauch berühren oder aber sich tief einprägen.

Aus meiner Knabenzeit ist mir eine derartige Verzauberung ganz besonders lebendig in der Er- innerung geblieben. Es war an einem Maimorgen. Das Jahr weiß ich nicht mehr, aber ich kann noch auf den Schritt genau angeben, an welcher Stelle des Waldweges auf dem Martinsberg oberhalb von Baden (Schweiz) sie eintrat.

Während ich durch den frisch ergrünten, von der Morgensonne durch- strahlten, von Vogelgesang erfüllten Wald dahin- schlenderte, erschien auf einmal alles in einem ungewöhnlich klaren Licht.

Hatteich vorher nie recht geschaut, und sah ich jetzt plötzlich den Frühlingswald, wie er wirklich war? Er erstrahlte im Glanz einer eigenartig zu Herzen gehenden, sprechenden Schönheit, als obermich einbeziehen wollte in seine Herrlichkeit. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl der Zugehörigkeit und seligen Gebor- genheit durchströmte mich.

Wie lange ich gebannt stehenblieb, weiß ich nicht, aber ich erinnere mich der Gedanken, die mich beschäftigten, als der verklärte Zustand langsam dahinschwand und ich weiterwanderte.

Warum dauerte die beseligende Schau nicht weiter an, da sie doch eine durch unmittelbares, tiefes Erleben überzeugende Wirklichkeit offenbart hatte?

Und wie konnte ich, wozu mich meine überquellende Freude drängte, jemandem von meinem Erlebnis berichten, da ich doch sogleich spürte, daß ich keine Worte für das Geschaute fand? Es schien mir seltsam, daß ich als Kind etwas so Wunderbares gesehen hatte, das die Erwachsenen offensichtlich nicht bemerkten, denn ich hatte sie nie davon reden hören.

In meiner späteren Knabenzeit hatte ich auf meinen Streifzügen durch Wald und Wiesen noch einige solche beglückende Erlebnisse. Sie waren es, die mein Weltbild in seinen Grundzügen bestimmten, indem sie mir die Gewißheit vom Dasein einer dem Alltagsblick verborgenen, unergründlichen, lebensvollen Wirklichkeit gaben.

Oft beschäftigte mich damals die Frage, ob ich vielleicht später als Erwachsener fähig sein würde, anderen diese Erfahrungen mitzuteilen, ob ich als Dichter oder Maler das Geschaute darzustellen vermöchte. Aber ich fühlte mich weder zu dem einen noch zu dem anderen berufen, und so würde ich wohl diese Erlebnisse, die mir so viel bedeuteten, für mich behalten müssen.

Auf unerwartete Weise, aber kaum zufällig, ergab sich erst in der Mitte meines Lebens ein Zusammenhang zwischen meiner beruflichen Tätigkeit und der visionären Schau meiner Knabenzeit.

Ich bin Chemiker geworden, weil ich Einblick in den Bau und das Wesen der Materie gewinnen wollte. Mit der Pflanzenwelt seit früher Kindheiteng verbunden, wählte ich als Arbeitsgebiet die Erforschung der Inhaltsstoffe von Arzneipflanzen, wozu sich in den pharmazeutisch-chemischen La-boratorien der Sandoz AG in Basel Gelegenheit bot.

Dabei stieß ich auf psychoaktive, Halluzinationen erzeugende Substanzen, die unter bestimmten Bedingungen den geschilderten spontanen Erlebnissen ähnliche visionäre Zustände hervorzurufen vermögen.

Die wichtigste dieser halluzinogenen Substanzen ist unter der Bezeichnung LSD bekannt geworden. Halluzinogene fanden als wissenschaftlich interessante Wirkstoffe Eingang in die medizinische Forschung, in die Biologie und Psychiatrie und erlangten später auch in der Dro- genszene weite Verbreitung, vor allem LSD.

Beim Studium der mit diesen Arbeiten in Zu-sammenhang stehenden Literatur lernte ich die große, allgemeine Bedeutung der visionären Schau kennen. Sie nimmt einen wichtigen Platz ein, nicht nur in der Geschichte der Religionen und in der Mystik, sondern auch im schöpferischen Prozeß, in Kunst, Literatur und Wissenschaft.

Neuere Untersuchungen haben ergeben, daß viele Menschen auch im täglichen Leben visionäre Erlebnisse haben, aber ihren Sinn und Wert meistens nicht erkennen. Mystische Erfahrungen, wie ich sie in meiner Kindheit hatte, scheinen gar nicht so selten zu sein.

Visionäres Erkennen einer tieferen, umfas- senderen Wirklichkeit als der, welche unserem rationalen Alltagsbewußtsein entspricht, wird heute auf verschiedenen Wegen angestrebt, und zwar nicht nur von Anhängern östlicher religiöser Strömungen, sondern auch von Vertretern der Schulpsychiatrie, die ein solches Ganzheitserlebnis als heilendes Grundelement in ihre Therapie einbauen.

Ich teile den Glauben vieler Zeitgenossen, daß die geistige Krise in allen Lebensbereichen unserer westlichen Industriegesellschaft nur überwun- den werden kann, wenn wir das materialistische Weltbild, in dem Mensch und Umwelt getrennt sind, durch das Bewußtsein einer alles bergenden Wirklichkeit ersetzen, die auch das sie erfahrende Ich einschließt und in der sich der Mensch eins weiß mit der lebendigen Natur und der ganzen Schöpfung.

Alle Mittel und Wege, die zu einer solchen grund- legenden Veränderung des Wirklichkeitserlebens beitragen können, verdienen daher ernsthafte Beachtung.

Dazu gehören in erster Linie die ver- schiedenen Methoden der Meditation in religiösem oder weltlichem Rahmen, deren Ziel es ist, ein mystisches Ganzheitserlebnis herbeizuführen und dadurch ein solches vertieftes Wirklichkeitsbewußtsein zu erzeugen.

Ein anderer wichtiger, aber noch umstrittener Weg zum gleichen Ziel ist die Nutzbarmachung der bewußtseinsverändernden halluzinogenen Psychopharmaka.

So kann LSD in der Psychoanalyse und Psychotherapie als Hilfs- mittel dienen, um dem Patienten seine Probleme in ihrer wirklichen Bedeutung bewußtzumachen.

Die geplante Hervorrufung mystischer Ganzheitserlebnisse, besonders durch LSD und verwandte Halluzinogene, ist im Unterschied zu spontanem visionären Erleben mit nicht zu un- terschätzenden Gefahren verbunden: eben dann, wenn dem spezifischen Wirkungscharakter die- ser Substanzen, ihrem Vermögen, den innersten Wesenskern des Menschen, das Bewußtsein, zu beeinflussen, nicht Rechnung getragen wird.

Die bisherige Geschichte von LSD zeigt zur Genüge, was für katastrophale Folgen es haben kann, wenn seine Tiefenwirkung verkannt wird und wenn man diesen Wirkstoff mit einem Genußmittel verwechselt. Besondere innere und äußere Vorbereitungen sind notwendig, damit ein LSD-Versuch ein sinnvolles Erlebnis werden kann.

Falsche und miẞbräuchliche Anwendung haben LSD für mich zu einem rechten Sorgenkind werden lassen.

In diesem Buch möchte ich ein umfassendes Bild von LSD, von seiner Entstehung, seinen Wirkungen und Anwendungsmöglichkeiten geben und vor den Gefahren warnen, die mit einem Gebrauch verbunden sind, der dem außergewöhnlichen Wirkungscharakter dieser Substanz nicht Rechnung trägt.

Wenn man lernen würde, die Fähigkeit von LSD, unter geeigneten Bedingungen visionäres Erleben hervorzurufen, in der medizinischen Praxis und in Verbindung mit Meditation besser zu nutzen, dann könnte dieses neuartige Psychopharmakon, glaube ich, von einem Sorgenkind zum Wunderkind werden.